Kiosk ohne Personal – Supermarkt der Zukunft? 50 Automaten-Spätis sollen in Leipzig aufmachen

Zoltán Teremi will Leipzig verändern: Bald soll sich eine Kette von automatisierten Tante-Emma-Läden in der Stadt ausbreiten. Eigentlich ist für „Einkauf24“ alles bereit, bis auf ein paar Probleme.

50 Läden in Leipzig, deutschlandweit 200: Das ist das ehrgeizige Ziel vom Leipziger Unternehmer Zoltán Teremi. Der 38-Jährige hat die letzten fünf Jahre damit verbracht, an Automaten herumzuschrauben, Verkaufsmodelle in Deutschland und Österreich zu vergleichen und schließlich 150 Automaten zu bestellen und zu lagern – gestemmt durch eine private Investition von zehn Millionen Euro, wie er erzählt. Herausgekommen ist „Einkauf24“.

In der Stötteritzer Straße 32, inmitten eines kleinen Industriegebiets, steht der weiße Testcontainer von Teremi. Der Innenraum des Containers, der zu „Einkauf24“ gehört, ist mit fünf großen Automaten ausgestattet. Drei davon sind klassische Automaten mit Getränken und Süßigkeiten, wie Reisende sie von Bahnhöfen kennen. Der vierte liefert heiße Getränke. An der Rückwand steht ein weiterer, regalartiger Automat, der mit einem Boxensystem funktioniert. Und dieses Boxensystem weist mehr auf als gewöhnliche Automaten: Getränke in Ein-Liter-Flaschen, ganze Bierkästen, Milch und Toastbrot.

Automaten-Späti „Einkauf24“ will auf (fast) alle Mitarbeiter verzichten

„Der Container ist unsere Teststation. Er ist seit ein paar Wochen 24 Stunden geöffnet“, erklärt ein Mitarbeiter. Stopp – ein Mitarbeiter? Der Späti soll doch ohne Personal funktionieren. Doch der Container steht auf Teremis Firmengelände und ist noch im Probelauf. Das soll sich in Zukunft ändern. „Bei solchen Läden gibt es viele technische Probleme, sodass meist trotzdem eine Person im Hinterzimmer bereitsteht, um einzugreifen, wenn das Produkt nicht herauskommt,“ erklärt Teremi, Gründer und Chef von „Einkauf24“.

Das soll bei „Einkauf24“ anders laufen: „Wir haben so viel Zeit in die Fehlersuche gesteckt, die Spiralen getestet und mit den Aufzügen, die die Waren ans Ausgabefach bringen, gekämpft.“ Vor allem die Altersüberprüfung bei Alkoholika oder Tabakwaren sei eine Herausforderung: „70 Prozent der Leute bekommen das nicht alleine hin.“ Doch Teremi hat der Ehrgeiz gepackt. „Wir wollen, dass unsere Läden wirklich ohne Personal funktionieren. Wenn alles klappt, sitzt nur noch eine Person am anderen Ende der Überwachungskameras und hat alle fünfzig Läden im Blick.“

„Einkauf24“ orientiert sich am „Aldi-Prinzip“

Abgesehen von der Altersüberprüfung funktionieren die Automaten einwandfrei, wie einige Versuche zeigen. Nur die Tür am Boxensystem lässt sich mit kalten Fingern schwer öffnen. Der Kaffee aus dem Automaten wärmt und schmeckt überraschend gut, denn: „Die Bohnen werden frisch gemahlen, wir bieten hier keinen Instant-Kaffee an“, weiß der Mitarbeiter.

Doch die Shops sollen mehr werden als ein Nebeneinander von Automaten. „Wir wollen automatisierte Tante-Emma-Läden in Leipzig, die rund um die Uhr geöffnet haben.“ Die Preise in den Shops sollen deutlich unter denen von Tankstellen liegen. Dabei orientiert sich Teremi auch am Aldi-Konzept: Schlichter Aufbau, sparsame Präsentation. Und im Fall der Automaten-Spätis: kaum Personal. Neben dem Mitarbeiter in der Sicherheitszentrale müssten die mehreren Tausend Produkte nur alle zwei bis drei Wochen nachgefüllt werden.

„Die Ersparnis, die wir dadurch erreichen, geben wir direkt an unsere Kundinnen und Kunden weiter.“ Auch die wenigen Mitarbeiter sollen durch höhere Löhne davon profitieren. Und Teremi fühlt sich auf der sicheren Seite: „Eigentlich dürfen normale Spätis nach 22 Uhr und sonntags nicht öffnen und haben bis jetzt Glück. Ich will nicht auf einem Pulverfass sitzen.“

Unternehmer Teremi hatte schon viele Ideen

Zehn Millionen Euro Kapital stecken Teremis Aussage nach unter anderem in 150 eingelagerten Automaten à 15 000 Euro. Es ist nicht sein erstes unternehmerisches Experiment. Er gründete die Teremi Industrieservice GmbH, die weltweit Rohre von Ölkonzernen reinigt und die Haupteinnahmequelle bildet. 2005 startete er einen Getränkelieferservice, „bevor Rewe-To-Go das anbot“ und er das Unternehmen verkaufte.

Zuletzt kooperierte er mit dem ehemaligen Pornostar „Sachsen-Paule“ und managte sein Comeback – nicht mehr im Porno-, sondern Comedybusiness. Eine Mallorca-Tour war geplant. Doch wegen gesundheitlicher Probleme von „Sachsen-Paule“ musste die Kooperation auf Eis gelegt werden. Hin und wieder scheiterte Teremi auch mit seinen Ideen – „da war manches zu viel und ich habe Geld verloren.“

Ob die neue Idee zünden wird, weiß der Unternehmer selbst nicht. „Vielleicht ist es zu früh, vielleicht klappt es auch. Wir werden sehen.“ Spätestens Mitte Januar soll der erste Automaten-Späti auf einer Ladenfläche in der Nähe des Adlers eröffnen. Und wenn die ambitionierten Pläne klappen, wird die Kette auf 30 Ladenflächen und 20 Containern bis zum Sommer etabliert sein.